Obwohl Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) nur gut 3 % der bösartigen Tumore bei Frauen ausmacht, ist die dadurch verursachte Krebssterblichkeit aller Krebserkrankungen bei Frauen sehr hoch: über 5%! Diese Erkrankung stellt eine grosse medizinische Herausforderung dar und ist nach wie vor ungelöst.
Die neusten Meldungen, dass diese Krankheit mit einem Bluttest, ähnlich wie die Früherkennung von Prostatakrebs beim Mann (PSA-Bestimmung) früh erfasst werden kann, sind, wie genannter PSA-Test, umstritten und in der Wirksamkeit noch nicht bestätigt.
Beschwerden treten meist erst bei fortgeschrittenem Eierstockkrebs auf.
Das Unheimliche am Eierstockkrebs ist, dass es keine typischen Anzeichen (Symptome) gibt und diese Krankheit Tumorzellen direkt in die ganze Bauchhöhle streut. Damit liegt sehr früh ein ausgedehntes Krankheitsbild vor und der Tumor und dessen Ableger können operativ meist nicht mehr komplett entfernt werden. Obwohl diese Erkrankung am häufigsten um die 60 vorkommt, sind auch Frauen in jungen Jahren davon betroffen. Die jüngste meiner Patientinnen mit Eierstockkrebs war erst 15-jährig!
Auch junge Frauen können von Eierstockkrebs betroffen werden
Die Früherkennung ist leider die Ausnahme, meistens führen erst diffuse Beschwerden im Bauchraum, verursacht durch Wassereinlagerung (Ascites) oder unklare Schmerzen durch Einwachsen des Tumors in die Beckenwand den Arzt auf die richtige Diagnose, bei leider schon fortgeschrittenen Stadium.
Wie kann ein Frühbefund erkannt werden?
Jede Vergrösserung eines Eierstocks muss, je nach Alter der Patientin, mittels Bauchspiegelung und Gewebeprobe abgeklärt werden. Ein erfahrener Gynäkologe stellt eine solche Vergrösserung beim Jahresuntersuch durch Tasten, allenfalls durch einen zusätzlichen Ultraschall fest.
Bei Frauen im fruchtbaren Alter gibt es oft zyklusbedingte Zysten – vor dem Eisprung sogenannte Follikelzysten, vor der Periode sogenannte Gelbkörperzysten – weshalb hier nicht sofort abgeklärt, sondern erneut kontrolliert werden soll. Diese Art von Eierstockvergrösserungen bezeichnet man als sogenannte funktionelle Zysten und sie verschwinden meist wieder mit dem Eintreten der Periode. Deshalb muss unbedingt eine Kontrolle (Tastuntersuch/Ultraschall) nach erfolgter Menstruation erfolgen, um festzustellen, ob sich der Befund spontan zurückbildet, was in ca. 90% der Befunde der Fall ist, andernfalls ist die weitere Abklärung im oben genannten Sinne zwingend.
Eierstockvergrösserungen, die nicht zystischer Art sind und unregelmässigen Inhalt aufweisen (feste und flüssige Anteile enthaltend), müssen auch bei jungen Frauen abgeklärt werden.
Jede Eierstockvergrösserung in der Menopause (nach Ausbleiben der Menstruation) muss abgeklärt werden!
Heimtückisch, wenn der Krebs von Eileiter ausgeht
Das Tückische dieser Krankheit ist, dass auch absolut normal grosse und geformte Eierstöcke bösartig werden können. Dabei handelt es sich nicht um eine Krebserkrankung, die ursprünglich vom Eierstock ausgeht, sondern von den Eileitern, woher bösartige Zellen an die Eierstöcke gespült werden und die sich dann dort ablagern – entsprechend lokalen Metastasen! Dadurch wird das Bild eines Eierstockkrebses imitiert. Diese Form von Eierstockkrebs, die eigentlich als Ableger eines Eileiterkrebses anzusehen ist, wird immer zu spät erkannt. In meiner Praxis hatte ich zwei Patientinnen, bei denen zufällig eine kleine Irregularität der Eileiter festgestellt wurde und diesem Krankheitsgeschehen entsprachen. Dank dessen war eine frühzeitige Erfassung möglich, was jedoch eine absolute Ausnahme darstellt.
Eine Vorsorgemöglichkeit, ist, bei jeder Frau, die im Unterleib operiert wird und keine Kinder mehr wünscht, beide Eileiter zu entfernen, um dieser Form des „Eierstockkrebs“ vorzubeugen. Diese Empfehlung etabliert sich zunehmend: So ist zum Beispiel gemäss „Journal of Cancer Research and Clinical Oncology 2014 Runnebaum et al“ davon auszugehen, „dass diese kleine OP eine signifikante Anzahl an Ovarialkarzinomen verhindern kann“.
Nach einer Eileiterentfernung funktioniert die Hormonproduktion übrigens normal weiter und die Frau wird nicht frühzeitig in die Menopause versetzt, wie dies geschieht, wenn aufgrund eines Tumors die Eierstöcke entfernt werden müssen.
Da der Krebs von Eileiter ausgehend so heimtückisch ist, kläre ich persönlich alle meine Patientinnen, die eine Unterleibsoperation vor sich haben, über diese Möglichkeit in ein und derselben Operation auf. Man könnte dies zum Beispiel mit einer Darmoperation vergleichen, bei der im gleichen Zug vorsorglich der Blinddarm entfernt wird.
Beitrag von Dr. med. Reto Stoffel, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe.